Haus Moroder

Horazstraße 7

39100

Bozen, Italien

Architekt

Arch. Michael Tribus
Griesplatz 6/1 - Piazza Gries, 39011 Lana (Bz)
info@michaeltribus.com
zusammen mit dem im Haus wohnenden Arch. Augusto Visintini

Besitzer

Helmuth Moroder
Horazstraße 7 - Via Orazio, 39100 Bozen

Ansprechpartner

Alexandra Troi
Hochschule Coburg
alexandra.troi@hs-coburg.de
Das historische Wohnhaus inmitten der Stadt Bozen, 1926 in Altstadtnähe erbaut, wurde außen kaum verändert – aber gut durchdachte und kombinierte Sanierungsmaßnahmen von innen sorgen für eine neue Behaglichkeit bei minimiertem Energiebedarf.
Energieeffizienz
21 kWh/m2.y

Klimazone feucht-gemäßigtes Klima

Höhe über dem Meer 252 m ü.d.M.

Heizgradtage 3993

Kühlgradtage 24

Unterschutzstellung nicht geschützt

Ensembleschutz:
Nein

Stufe der Unterschutzstellung:

Baualter 1900-1944

Letzte Sanierung:
1926

Gebäudenutzung Residential (urban)

Gebäudebelegung:
Permanently occupied

Gebäudefläche Nettogeschossfläche [m²]: 268,0

Gebäudetyp:
Detached house

Anzahl der Stockwerke:
3

Keller ja/nein:
Ja

Anzahl der beheizten Stockwerke:
3

Thermische Gebäudehülle [m²]:
734,0

Volumen [m³]:
1261,0

NGF Berechnungsmethode:
Useful area (it)

Bauart
Brick masonry wall

Außen:
Rendered

Innen:
Plastered (on hard)

Dach:
Satteldach

+ MEHR - WENIGER

RENOVIERUNGS-PROZESS

Architektur

BESCHREIBUNG

Das „Haus Moroder“ ist eine typische Bozner Stadtvilla der 20er und 30er Jahre des 20. Jahrhunderts: ein Massivbau aus Ziegelmauerwerk, die Fassade gestaltet mit strukturiertem Putz und ein paar dekorativen Elementen, filigran gestalteten Kastenfenster, gelegen inmitten eines großen Gartens. Das innen liegende Treppenhaus erschließt die drei Wohnungen auf jeweils einem Vollgeschoß, sowie den bis dato ungenutzten Dachboden und den Keller.
Städtebaulicher Kontext
Das Haus befindet sich in einer Wohngegend, die ihre Ursprünge in Anfang des 20. Jahrhunderts hat, im Laufe der Jahre weiter- und umgebaut wurde, sodass sie heute eine bunte Mischung von Gebäuden aus unterschiedlichen Zeiten prägt. Das Viertel liegt in Altstadtnähe mit einer guten Anbindung an Einkaufsmöglichkeiten und Restaurants. Der Petrarca-Park an der Talfer ist in 10 Gehminuten zu erreichen.

Erhaltungszustand

Erhaltungszustand der Gebäudehülle
Das Wohnhaus befand sich beim Kauf im Jahr 2015 in dem Originalzustand aus 1926. Trotz keiner bisherigen Renovierungen war das Gebäude in einem architektonisch sehr guten Zustand. Es benötigte keine Erneuerungen an Wänden oder der Fassade, da der Außenputz sehr gut erhalten geblieben ist. Die Innenräume waren zwar ebenfalls ohne sichtbare Mängel, allerdings fehlte es an Modernisierungen, Behaglichkeit und einem angenehmen Raumklima.
Haustechnische Anlagen vor Sanierung
Im gesamten Gebäude waren alte Leitungen und technische Anlagen verbaut. Es existierte keine zentrale Heizung, die Wohnung im zweiten Stockwerk wurde durch eine Gasheizung beheizt, das restliche Gebäude nur mit Holz und Strom. Alle Sanitäreinrichtungen waren im ursprünglichen Zustand.

DENKMALWERT

ERHALTENSWERTE ELEMENTE
Das ursprüngliche Aussehen der Fassade sollte unberührt bleiben: Um sowohl den noch original erhaltenen strukturierten Putz als auch die historische Optik der Fenster sowie die Stockrahmen erhalten zu können, erfolgte die Dämmung das Gebäude konsequent ausschließlich von innen. Die neuen Fenster wurden von der Aufteilung den ursprünglichen nachempfunden, sodass es beim Betrachten von außen kein sichtbarer Unterschied in der Optik gibt. Das innenliegende Treppenhaus, sowie die Eingangstüre wurde nicht verändert.
Denkmalwert und wie er bestimmt wurde
Das Gebäude steht nicht unter Deckmalschutz. Allerdings war es den Bauherrn SELBST sehr wichtig, Den Charakter des Hauses zu erhalten, da es in der Stadt Bozen nur noch wenige unveränderte Häuser aus dieser Zeit gibt. Neben der gut erhaltenen Fassade war der Erhalt des ursprünglichen Treppenhauses und der Eingangstüre für die Besitzer ein wichtiger Aspekt. Dafür wurden bei der energetischen Sanierungen Alternativen zu den Standardlösungen gesucht und gefunden.

Ziel der Sanierung

Renovation
Das Ziel der Sanierung war die Verbesserung der Lebensqualität für die Bewohner in Einklang mit der Erhaltung der Struktur der Außenfassade unter dem Aspekt der bestmöglichen Energieeffizienz. Dazu wurden ausschließlich energetische Maßnahmen im Inneren des Gebäudes ergriffen - das Konzept war, Verluste über Mauern, Fenster, und Wärmebrücken zu vermeiden, über eine Lüftungsanlage Frischluft zu garantieren und gleichzeitig die Wärme der verbrauchten Luft zu nutzen und den Restbedarf an Wärme so effizient wie möglich bereitzustellen. Auch eine Kühlung im Sommer wurde mit der Sanierung ermöglicht.
Gewonnen Erkenntnisse / besondere Erfahrungen
Bei einer konsequenter Durchführung der Innendämmung, auch über die Fenster und Innenwände hinweg, mit entsprechender Materialstärke wird eine genauso hohe Energieeffizienz erreicht, wie mit einer Außendämmung. Behaglichkeit im Innenraum wird geschaffen durch eine warme Oberflächentemperatur der Wände, egal ob es sich dabei um eine Außen- oder Innenwand handelt. Deshalb ist eine konstante Raumtemperatur der ideale Weg zu einem behaglichen Ambiente. Aufgrund einer sehr strikten und gut durchdachten Organisation der Handwerker, konnte der Zeitrahmen der Sanierungsarbeiten auf den Tag eingehalten werden und ein Einzug war am geplanten Tag möglich.
Beteiligte Akteure
Architekt
Arch. Michael Tribus
Griesplatz 6/1 - Piazza Gries, 39011 Lana (Bz)
info@michaeltribus.com
Tel.zusammen mit dem im Haus wohnenden Arch. Augusto Visintini
Eingesetzte Software/Berechnungstools
Energiebilanz KlimaHaus und PlanFenster

SANIERUNGS-LÖSUNGEN

Außenwände

Ziegel-Mauerwerk mit Innendämmung

Ziegel-Mauerwerk mit Innendämmung

Um die Fassade außen unberührt zu lassen, wurden alle Außenwände im Innenbereich mit einer 10cm dicken Innendämmung versehen. Das Material TecTem der Firma Knauf aus Perlit wurde aufgrund des Naturmaterials extra für eine Benutzung in Umgang mit Bewohung ausgewählt. Vor dem Anbringen der Dämmung wurde an den Innenwänden Putzschichten abgetragen und der Bodenbelag an den Anstößen zu den Wänden einige Zentimeter abgetragen, um die Dämmung darunter führen zu können. Somit sollten keine kalten Stellen entstehen, die für einen Wärmeverlust sorgen könnten. Das gleiche Prinzip galt für den Anschluss der Fenster. Hierfür verlegte man die Innendämmung bis an den neuen Fensterrahmen, um einen Verlust über die Fensterlaibung zu verhindern. Außerdem wurde im Bereich des Treppenhauses eine Flankendämmung über die gesamte Länge der Wände angebracht. Da das Treppenhaus in seinem ursprünglichen Zustand behalten werden sollte, wurde mit der Innendämmung verhindert, dass die Wärme aus den Wohnungen in den Flur entweicht.

U-Wert (vor Sanierung) [W/m2K]: 2,5 W/m²K U-Wert (nach Sanierung) [W/m2K]: 0,38 W/m²K
Mehr Details
Aufbau Bestandswand
Render - Zementputz:
15 mm
Brick - Mauerwerk aus Stein:
450 mm
Plaster - Kalkzementputz:
15 mm
Aufbau sanierte Wand
Render - Zementputz:
15mm
Brick - Mauerwerk aus Stein:
450 mm
Render - Kalkzementputz:
15 mm
Insulation - Innendämmung aus exponiertem Perlit (U Wert=0,4):
100 mm
Plaster - Kalkzementputz:
15 mm


Fenster

Einfachfenster mit 3-Scheiben-Isolierverglasung

Einfachfenster mit 3-Scheiben-Isolierverglasung

Die Kastenfenster aus dem Erbaujahr 1926 wären mit einem U-Wert von etwa 2.5 W/m²K ein klarer Schwachpunkt in der Gebäudehülle gewesen – sowohl was Energieverluste angeht als auch die reduzierte Behaglichkeit ob der niedrigen Oberflächentemperatur. Da das Gebäude nicht unter Denkmalschutz steht, entschieden sich Bauherr und Architekt für einen Austausch des Fensters, und entwickelten dafür eine Lösung die in ihrer Einfachheit faszinierend ist und sowohl Materialverlust als auch Kosten vermeiden half:

Das neue Holzfenster mit 3-fach-Verglaung und energetisch optimiertem Rahmen hat wieder zwei Flügel, die Teilung in jeweils 3 Felder nimmt die Optik der ursprünglich zwei Flügel unter dem Kämpfer und des Kippflügels darüber auf. Es wird an der Stelle der inneren Ebene des alten Kastenfensters im bestehenden Fensterstock positioniert, sodass (i) die Fensterfläche auch mit neuem Rahmen gleich groß bleibt und (ii) der außen wahrgenommene Rahmen sehr filigran, (iii) der Einbau sehr einfach ist und (iv) die Einbau-Wärmebrücke sehr einfach vermieden wird – indem die Einbuchtung im „alte“ Kastenzwischenraum ausgedämmt wird und innen die anschließende Laibung. Eine Zeichnung des Details, sowie die 2-D Berechnung der Wärmebrücke, für die umgesetzte Variante sowie die untersuchte Alternative, das Fenster in der äußersten Ebene zu behalten sehen Sie, wenn sie rechts durch die Abbildungen browsen.

Bestandsfenster U-Wert Glas [W/m2K]: 1,4 Neues Fenster U-Wert Glas [W/m2K]: 0,7 Bestandsfenster U-Wert Rahmen [W/m2K]: 2,7 Neues Fenster U-Wert Rahmen [W/m2K]: 1,1
Mehr Details
Fenstertyp Bestand Box-type window
Verglasungsart Bestand Single
Verschattung Bestand Outer shutter
Ungefähres Einbaujahr 1926
Neuer Fenstertyp Sash window
Verglasungsart des neuen Fensters Triple
Verschattung des neuen Fensters Outer shutter
Neuer Energiedurchlassgrad g [-] 0,47

Weitere Maßnahmen

SONSTIGES

SONSTIGES

Um die Isolierung am Effektivsten abzurunden, wurden auch das Keller- und Dachgeschoss mit einer Außendämmung versehen, also in dem nicht bewohnbaren Bereich. Da der Dachstuhl nicht ausgebaut war und dieses Vorhaben auch nicht in naher Zukunft stand, wurden hier 20cm starke Polystrolplatten in doppelter Schicht verlegt. Den Abschluss bildet eine USB-Holzplatte, um den Dachstuhl weiterhin begehbar zu halten.

Bei dieser Maßnahme zeichnet sich der ökologische Aspekt dahingehend ab, dass das Material jederzeit bei einem Ausbau rückgebaut werden und weiterverwendet werden kann.

HVAC

HEIZUNG

LÜFTUNG

KLIMATISIERUNG

HEIZUNG

Da vor der Sanierung keine Heizung im gesamten Haus vorhanden war, musste die einzige Gasheizung durch eine zentrale Wärmepumpen-Heizungsanlage erneuert werden.

Um den Einbau mit möglichst wenig Aufwand zu gestalten, wurde das Heizsystem in der Decke verlegt. Bei einer Raumhöhe von 2.85m war es möglich in einer abgehängten Decke die Lehmplatten mit den darin eingelassenen Heizrohren zu verbauen. Neben der Dämmung aus natürlichem Material wurde sich auch bei der Heizungsanlage durch die Verwendung von Lehm für eine benutzerfreundliche Ausführung entschieden. Zudem besitzt Lehm luftfeuchtigkeitsregulierende Eigenschaften, indem er diese aufnimmt und nach und nach wieder abgibt. Das gesamte System war somit nach dem Verbau für den Bewohner nicht mehr direkt sichtbar. Nach der Sanierung können somit alle 3 Geschosse mit Wohnungen dauerhaft beheizt werden.

Mehr Details
Heizungssystem nach Sanierung
Art der Heizung Heat pump
Brennstoff Electricity
Wärmeverteilung Radiating ceiling
Nennleistung 11 kW
LÜFTUNG

Um jederzeit gute Luftqualität zu garantieren und gleichzeitig zu vermeiden, dass mit jedem Lüften Wärme verschenkt wird, wurden alle drei Wohnungen mit je einer eigenen Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung ausgestattet: Die Luftkanäle wurden in der abgehängten Decke geführt, das Lüftungsgerät selbst im Badezimmer untergebracht.

Für die Zufuhr der Frischluft und Abführung der verbrauchten Luft mussten keine Löcher in die Fassade gebohrt werden: Die Zuluft und Abluft wird über eine eigene Konstruktion im Badezimmerfenster geführt, unauffällig untergebracht im Bereich des ehemaligen Kippfensters über dem Kämpfer.

Mehr Details
Aufbau Bestandsdach Neues Lüftungssystem
Lüftungstyp Decentralized
Type flow regime Overflow
Wärmerückgewinnung Ja
Feuchterückgewinnung Nein
Nennleistung 0,27 kW
Elektrische Leistung 0,27 kW
Regelung Continue, 5 control points (30-150 m3/h)
KLIMATISIERUNG

Im Zuge der Sanierung wurde auch die Kühlung der Wohnungen im Sommer ermöglicht: die Wärmepumpe kann von Heiz- auf Kühlbetrieb umgestellt werden, die Paneele der Deckenheizung auch zum Kühlen.

Dabei handelt es sich nicht um eine „Voll-Klimatisierung“ (über die Kühlflächen kann der Luft z.B. keine Feuchte entzogen werden), sondern vielmehr um eine ergänzende Maßnahme, die zusammen mit der Verschattung durch die Fensterläden, mit ihren für die Region typischen Klappelementen, die eine gewisse Belichtung trotz geschlossener Läden möglich machen, den Sommerkomfort sicherstellen.

Mehr Details
New cooling system
Type Heat pump
Distribuition system Radiating ceiling
Nominal power 10,61 kW
Electric power 2,72 kW

Energieeffizienz

Energieeffizienz
Energieausweis KlimaHaus Klasse B
Freiwillige Zertifikate Nein
Energievrabrauch
Heizung
Primärenergie 45 kWh/m2.y
Documents:
20151221 Certificato CasaClima.pdf
Energieverbrauch nach Sanierung 21 kWh/m2.y

Primärenergie
Berechnungsmethode Steady state simulation (e.g. EPC, PHPP)
Energieverbrauch incl Brauchwarmwasser Ja
Energieverbrauch vor Sanierung 365 kWh/m2.y
Energieverbrauch nach Sanierung 45 kWh/m2.y

Raumklima

Temperatur

Da nach der Sanierung im gesamten Gebäude eine Kühl- und Heizanlage verbaut ist, kann die Raumtemperatur im Inneren konstant auf einer angenehmen Gradzahl gehalten werden. Die Behaglichkeit in den Wohnräumen hat sich dadurch stark verbessert, da Schwankungen der Außentemperatur nicht mehr zu spüren sind.

Indoor Air Quality

Die neu verbaute Lüftungsanlage sorgt für eine klare, frische Luft in den einzelnen Wohnung. Da diese gesondert pro Geschoss installiert wurde, kann sie nach Bedarf verwaltet werden. Ein automatischer Austausch der gesamten Luft wird aktuell alle 2 Stunden durchgeführt, kann bei Bedarf allerdings auch erhöht oder verringert werden. Merkbar für die Bewohner ist auch der verringerte Staubanteil in der Luft.

Kosten

Finanzielle Aspekte

Ein finanzieller Anreiz die energetische Sanierung einer normalen Sanierung vorzuziehen, gab eine Gesetzesgebung in Italien. Bei der gewählten energetischen Sanierung konnten 2/3 der Kosten von der Steuerzahlung der nächsten Jahre abgezogen werden. Ein weiterer Motivationsgrund war die direkte Heizkostenersparnis durch die gewählten Maßnahmen. So konnten die Kosten pro Wohnung/pro Jahr von 5.000-6.000€ auf 800€ reduziert werden. Da die herkömmliche Sanierung nur 20% weniger Gesamtkosten verursacht hätte, konnte die Differenz durch die Ersparnis schon nach wenigen Jahren erwirtschaftet werden.

Investitionskosten
Total investment costs
500.000€ (total)
Betriebskosten
Total annual energy cost
2.400,00€ im Jahr (total)

Lifecycle cost
Nein